Marianne (70)
Als Seniorin in die Ballettstunde, warum nicht? Schwerhörig Klavier lernen? Geht! Vielleicht ist diese Einstellung auch der Grund, warum Marianne so gelassen mit dem Thema Hörgeräte umgeht.
Wie Marianne nach dem Studium der Kunstgeschichte, Anglistik und Germanistik als Englisch-Lehrerin zu arbeiten beginnt, hört sie noch sehr gut. Grosse Klassen, Umgebungsgeräusch, Genuschel in der hintersten Reihe: kein Problem. Erst mit Mitte dreissig schleicht sich der Hörverlust in ihr Leben.
Es beginnt mit einer Otosklerose (Veränderung der Knochenstruktur) im rechten Ohr. Marianne lässt sich operieren und ist mit dem Ergebnis lange zufrieden. Dann lässt das Gehör erneut nach. Sie bekommt mit 48 Jahren einseitig das erste Hörgerät angepasst. Weitere Anpassungen folgen, und schliesslich muss sie beidseitig Hörgeräte tragen.
Englisch-Lehrerin, Mediatorin, Klavierschülerin
Hörverlust hin oder her – das Leben geht weiter. Marianne und ihre Familie verbringen eine Jahr in den USA, wo sie die Mediation kennen lernt. Zurück in der Schweiz, lässt sie sich zur Mediatorin ausbilden und hängt den Englischunterricht an den Nagel.
Die berufliche Umorientierung ist von Vorteil: Beratungsgespräche finden meist im Zweiersetting statt, Mediationen bei Streitfällen ebenfalls in kleinem Rahmen. Unruhige Schulklassen, akustisch schwierige Räume, unverständliche schüchterne Stimmen: Alles passé.
Marianne spielt seit Kindheit Geige und hat im Alter von 60 Jahren angefangen, Klavierunterricht zu nehmen. «Ich spiele ganz schlecht», sagt sie, «aber es macht mir Freude». Genau wie die wöchentliche Ballettstunde (ein weiteres Jugendhobby, das sie im Alter wieder aufgenommen hat) sowie das monatliche Musizieren im Streichquartett.
Hörgeräte: Testen und vergleichen!
Marianne steht dazu, auf Hörgeräte angewiesen zu sein: «Warum schämen sich alle für ihre Hörgeräte? Ich hatte nie das Gefühl, sie mit der Frisur verstecken zu müssen.»
Doch eine schlechte Erfahrung machte sie: Bewusst wählt sie ein eigenständiges Hörakustikfachgeschäft in der Nähe statt die Filiale einer grossen Kette. Der Akustiker merkt allerdings schnell, dass sie bereit ist, viel Geld in neue Hörgeräte zu investieren, und gibt ihr gleich die teuersten Modelle zum Testen. Marianne probiert und ist grundsätzlich zufrieden.
Trotzdem möchte sie noch andere Geräte ausprobieren und vergleichen können: ein Wunsch, auf den der Akustiker nicht eingehen mag. «Eine Zumutung!», findet Marianne und lässt vom Kauf der Geräte ab. In ihrer Haltung durch die Neutrale Hörberatung von Pro Audito bestärkt, findet sie ein kundenfreundlicheres Fachgeschäft. «Die hätten mich auch ein halbes Jahr lang probieren lassen!»
Marianne hat einen guten Weg gefunden, die Schwerhörigkeit zu einem Teil ihres Lebens zu machen. Das muss kein spektakulärer Prozess mit dramatischen Wendungen sein.
Und irgendwann werden die Hörgeräte allein nicht mehr ausreichen Dann wird sich Marianne anpassen, das Lippenlesen erlernen oder sich sogar mit einem CI anfreunden.
Steckbrief
Marianne
hat einen Hörverlust von rechts 80 und links 50 Prozent.
Zuhause
ist sie mit ihrem Mann im umgebauten ehemaligen Elternhaus.
Beruflich
war Marianne erst als Englisch-Lehrerin tätig, dann als Mediatorin.
Hobbies
Geige, Klavier (angefangen mit 60!) sowie eine Ballettstunde pro Woche.
Mariannes Tipp
«Ich reserviere im Restaurant immer einen Tisch am Rand. Das sind oft auch die schönsten Plätze!»
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