Wie steht es um die Gleichstellung in der Schweiz?

Montag, 03. Juli 23

Andreas Rieder leitet seit 2004 das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (EBGB).

Die Inklusionsinitiative fordert tatsächliche Gleichstellung und ein Ende der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Wir haben mit einem Experten gesprochen, der täglich daran arbeitet, den Grundsatz «gleiches Recht für alle» in der Schweiz Realität werden zu lassen.

Herr Rieder, was macht eigentlich das EBGB?

Das EBGB gibt es seit Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes (Behig) im Jahr 2004. Es ist das Kompetenzzentrum der Bundesverwaltung für Gleichstellungsfragen. 

Inwieweit ist die Arbeit des EBGB für Menschen mit Schwerhörigkeit relevant?

Das Behig ist für Menschen gemacht, die in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt sind, weil die Umwelt nicht genug Rücksicht auf ihre Bedürfnisse nimmt. Schwerhörige Personen sind da ganz klar auch gemeint und werden bei unseren Aktivitäten mit adressiert.

Wie würden Sie sagen, steht es um die Inklusion in der Schweiz in Bezug auf Menschen mit Schwerhörigkeit?

Bei der Untertitelung im Fernsehen ist seit dem Inkrafttreten des Behig sicher viel geschehen. Das ist ein Bereich der gesetzlich in einer guten Form geregelt wurde. Sonst würde ich sagen, steht die Gruppe der Menschen mit Schwerhörigkeit nicht gerade im Zentrum der Inklusionsbemühungen. Das hat ein Stück weit mit dem Gesetz zu tun, das sehr auf Bauliches ausgerichtet ist. Vielleicht spielt aber auch die Tatsache eine Rolle, dass viele schwerhörige Personen sich gar nicht als behindert empfinden und entsprechend zurückhaltend mit ihren Forderungen sind – was gar nicht so sein müsste.

Was ist Ihre Einschätzung zu den Forderungen der Inklusionsinitiative?

Assistenzleistungen, ein Ende der Diskriminierung und das Recht auf freie Wohnform – das sind eigentlich alles Themen, die Bund und Kantone schon jetzt beschäftigen. Die Diskussion läuft bereits, aber die Initiative bringt sie weiter voran und macht Druck. Ich finde es ganz entscheidend, dass Menschen mit Behinderungen Absender sind und sagen «hier haben wir Bedürfnisse, hier brauchen wir etwas». Sowas lässt sich nur schwer komplett an Behörden delegieren.

Möchten Sie wissen, was Andreas Rieder zur Kostenfrage von Gleichstellungsmassnahmen sagt? Dann lesen Sie das ganze Interview im aktuellen Dezibel.

Weitere News