Auf die Frage „Tinnitus – was tun?“ gibt es leider keine abschliessende Antwort, sondern noch immer viele Fragezeichen, auch bei Expert:innen und behandelnden Ärzt:innen. Um bewährte Methoden und innovative Wege in der Behandlung des weit verbreiteten Leidens ging es deshalb am Samstag, 1. Oktober bei der Informationsveranstaltung von Pro Audito und der Schweizerischen Tinnitus-Liga (Programm siehe hier).
David Talaska und Dr. Suyi Hu konnten Interessantes – und ein wenig Hoffnung machendes – aus der aktuellen Tinnitus-Forschung berichten. Besonders spannend: Mit Hilfe der Gehirnhypothese des Mathematikers Bayes haben Forscher ein computergestütztes Modell entwickelt, das vielleicht eines Tages in der Lage sein wird, vorherzusagen, welche Behandlungsmethode für welche:n Tinnitus-Patient:in die erfolgversprechendste ist (lesen Sie hierzu auch das Interview mit Dr. Hu).
Aus ihrem breiten Erfahrungsschatz in der Behandlung von Tinnitus-betroffenen Menschen berichteten Prof. Tobias Kleinjung – aus Sicht des Gehör- und CI-Experten – und Dr. Katja Schäfer, die den Tinnitus mit kognitiver Verhaltenstherapie zwar „nicht wegbringen“, aber ihren Patient:innen das Gefühl zurückgeben kann „ja, ich kann selbst etwas tun, um mit dem Problem umzugehen.“
Für die Veranstaltung natürlich unverzichtbar: Die Sicht von betroffenen Menschen. Selbsthilfe-Gruppenleiterin Viviana Abati und Journalist Felix Weber brachten einerseits die traurige Realität des Lebens mit Tinnitus auf den Punkt. Andererseits konnten sie glaubwürdig vermitteln, dass Lebensqualität trotz eines Tinnitus-Leiden möglich ist.
Take home messages
Was haben die rund 190 Teilnehmer:innen (online und vor Ort) gelernt?
- Tinnitus ist kein Nischen-Phänomen. Rund 15% der Weltbevölkerung haben irgendwann in ihrem Leben damit zu kämpfen. Jedoch kann der grösste Teil gut damit leben und nur etwa 2% der Betroffenen sind stark durch den Tinnitus belastet.
- Es gibt nach wie vor keine Heilung für die Menschen, die überproportional unter dem Ohrgeräusch leiden. Entsprechend wichtig, für Behandelnde wie selbst Betroffene ist deshalb, die Erwartungen an eine Therapie von Beginn an zu klären.
- Es gibt Massnahmen, die das Leiden lindern können. Welche am besten funktionieren ist sehr individuell.
- Wichtig für Betroffene: Eine gute Erstberatung, Ausgleich eines eventuellen Hörverlustes, Behandlung von begleitenden Krankheiten (z.B. Depressionen oder Angstzustände) und der Austausch mit anderen Betroffenen, z.B. in Selbsthilfegruppen (Stichwort: voneinander lernen).
Verpassen Sie nicht unsere nächsten Info-Veranstaltungen: CI-Forum 2022 / Intensivwochenende Digitale Helfer