Nun ist der Bundesrat gefordert! Der Ständerat Josef Dittli (FDP) hat am Mittwoch zwei Interpellationen beim Bundesrat eingereicht. Beide betreffen die Situation von Menschen mit Schwerhörigkeit in der Schweiz. Die Interpellationen sind auf Anregung von und in Zusammenarbeit mit Pro Audito Schweiz entstanden.
Mit einer Interpellation kann ein Ratsmitglied vom Bundesrat Auskunft über eine Angelegenheit der Politik oder der Bundesverwaltung verlangen. Diese Möglichkeit nutzte jetzt Ständerat Dittli, um folgende Themen auf die politische Agenda zu setzen:
Interpellation eins: Braucht es eine Senkung der Anspruchsschwelle für die Finanzierung von Hörgeräten?
Um diese Frage geht es bei der ersten Interpellation. Hintergrund: Bei Leistungen an Hörgeräte werden AHV-Renter:innen stark benachteiligt. Im Gegensatz zu Menschen im IV Alter, die eine Finanzierung der Hörgeräte ab einem Hörverlust von 20% erhalten, wird im AHV-Alter erst bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit eine Finanzierung gewährt. Der Schwellenwert für AHV-Renter:innen ist mit mindestens 35% über beide Ohren zu hoch, und die Versorgung mit einem Hörgerät erfolgt dadurch aus medizinischer, und auch volkswirtschaftlicher, Sicht klar zu spät.
Interpellation zwei: Wie möchte der Bundesrat den Zugang zur Hörversorgung verbessern und damit die gesellschaftlichen Kosten von Schwerhörigkeit senken?
Darum geht es in der zweiten Interpellation. Hintergrund: Bereits heute sind die gesellschaftlichen Kosten aufgrund von Schwerhörigkeit horrend. Dies geht aus dem 2022 veröffentlichten Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) hervor. Die durch Schwerhörigkeit verursachten Kosten für die Gesellschaft betragen jährlich CHF 7 Milliarden respektive CHF 786 pro Einwohner (wir haben berichtet). Keine andere Behinderung führt zu derart hohen gesellschaftlichen Kosten. Und wenn nichts unternommen wird, werden die Kosten weiter steigen. Das muss nicht sein, denn gemäss Obsan-Bericht lässt sich die Kostenexplosion insbesondere mittels der breiten Verfügbarkeit von Hörgeräten, beeinflussen.
Interpellation = Konfrontation
Die Interpellationen konfrontieren den Bundesrat mit diesen Tatsachen. Sie stellen ganz konkret die Frage, was der Bundesrat gedenkt, dagegen zu unternehmen. Zum Beispiel: Welche Massnahmen ergreift der Bundesrat, damit die gesellschaftlichen Kosten wegen Schwerhörigkeit nicht weiter explodieren? Und welche Massnahmen plant der Bundesrat, um die Zugänglichkeit zu Hörgeräten zu verbessern? Oder auch: Auf welchen Grundlagen basiert der Anspruch auf eine Hörgeräte-Versorgung im AHV-Alter erst ab einer hochgradigen Schwerhörigkeit?
Was passiert als Nächstes?
Zu den Fragen muss der Bundesrat nun Stellung beziehen. In der Regel passiert das bis zur nächsten ordentlichen Session, das heisst bis spätestens im Frühjahr 2025.* Wir halten Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.
Pro Audito sagt „Danke Herr Dittli!“, dass Sie sich im Parlament für die Menschen mit Schwerhörigkeit einsetzen! Wir bergrüssen die damit angestossene politische Diskussion und unterstützen die Interpellationen mit Nachdruck. Doch Diskussion allein genügt nicht: Wir fordern, dass die Antworten des Bundesrats konkrete Massnahmen auf den Weg bringen, die die Situation verbessern.
*Weitere Informationen über den Ablauf von Interpellationen finden Sie auf der Website des Parlaments.