Marianne ist vielseitig interessiert und stets bereit für Neues: Als Seniorin zur Ballettstunde – warum nicht? Schwerhörig Klavier lernen? Geht! Vielleicht ist diese Einstellung auch der Grund, weshalb die 70-jährige ganz selbstverständlich zu ihren Hörgeräten steht.
Hörverlust ist nicht immer dramatisch. Vielmehr passiert er oft schleichend. Und wenn es dich trifft, baust du dein Leben um. Ganz automatisch. Dafür ist Marianne das beste Beispiel: Marianne, damals 48 Jahre alt, geht zum Hörakustiker und bekommt einseitig das erste Hörgerät angepasst. «Ein Riesenerlebnis war das», weiss sie noch, «ich hab’s einfach fantastisch gefunden!“ Auch die Anpassung der zweiten Hörgeräte, acht Jahre später, hat Marianne noch gut in Erinnerung: «Ich habe damals an der Berufsschule unterrichtet. Das waren grosse Klassen mit über zwanzig Schüler:innen. Und da habe ich gemerkt: Wenn rechts von mir jemand etwas sagt, schaue ich nach links, weil ich es mit dem linken Ohr höre. Das ging so natürlich nicht lange gut.»
Neue Wege im Beruf
Unruhige Schulklassen, akustisch schwierige Klassenzimmer, schüchterne Stimmen in der letzten Reihe – das ist jetzt nichts mehr für Marianne. Deshalb ergreift sie die Chance, sich beruflich neu zu orientieren. Sie arbeitet die letzten fünfzehn Jahre ihre Berufslebens in einer Beratungsstelle als Mediatorin. Der Vorteil: Beratungsgespräche finden meist im Zweiersetting statt, Mediationen bei Streitfällen zwischen Lernenden ebenfalls in kleinem Rahmen. «Es war Zufall, dass sich alles so ergeben hat», meint Marianne, «aber für mich war es genau richtig.»
Die Musik bleibt
Aber die Musik, ihre grosse Leidenschaft, will Marianne nicht aufgeben. Geige hat sie schon als Kind gelernt und mit 60 Jahren sogar noch angefangen, Klavier zu spielen. «Ich spiele ganz schlecht, aber es macht mir Freude», sagt sie. Genau wie die wöchentliche Ballettstunde – auch ein Hobby aus der Jugend, das sie im Alter wieder aufgenommen hat – und das Musizieren im Streich-Quartett einmal im Monat. Eine Freundin hat Marianne überzeugt, mitzumachen. «Ich wollte erst nicht. Aber sie hat mir einfach die Noten in den Briefkasten geworfen und dann bin ich doch gegangen», schmunzelt sie.
Welche Einstellung am Hörgerät die beste ist, um selbst musizieren und auch die Konzertbesuche mit ihrem Mann geniessen zu können, das findet Marianne erst nach langem Rumprobieren heraus. «Am Anfang bin ich fast verzweifelt. Irgendwann fand ich dann, alle Einstellungen im Musikprogramm sind schlechter, als wenn ich gar kein Musikprogramm einstelle. Es hat sich einfach furchtbar angehört! Ich nehme deshalb einfach das Grundprogramm. Dort kann ich die Lautstärke jederzeit anpassen.»
Wie Marianne ihre Alltag an die Schwerhörigkeit anpasst und welche Stolpersteine sie aus dem Weg räumt, lesen Sie im neuen Dezibel.
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