Kolumne: Hans Schneeberger schreibt über „Den Blick“

Hans Schneeberger.

Alle Schwerhörigen kennen diesen Blick. Den Blick des Gegenübers, mit dem man sich seit einiger Zeit ungezwungen unterhält. Über Fussball, die Hitze, Gott und die Welt. Über alles, was man halt so plaudert, wenn man an einer Stehparty mit dem Glas in der Hand auf Konversation macht. Und dann plötzlich dieser Blick: «Hä? Was ist los?»

Der verständnislose Ausdruck auf dem Gesicht des anderen, der dir sagt: «OMG, du hast wieder mal etwas völlig missverstanden!» Antwort auf eine Frage gegeben, die so niemand gestellt hat. Irgendetwas in die Runde geworfen, das kein Mensch versteht.

Wie oft habe ich diesen Blick in den Gesichtern von Gesprächspartner:innen gelesen, dieses «Was-ist-los-mit-dem?», wenn ich wieder mal was völlig falsch verstanden hatte. Ich das Gefühl hatte, ich stehe wie ein Trottel da. Natürlich, die meisten Menschen aus meinem Umfeld wussten, dass ich schwerhörig bin, einige wohl lange, bevor ich es überhaupt selbst merkte. Und sie konnten damit umgehen, dass ich ab und zu unverständliche Antworten gab, mich aus Gesprächen geistig zurückzog. Sie hatten sich auf meine Behinderung eingestellt. Das machte das Ganze aber nicht unbedingt einfacher: Denn aus dem verständnislosen Blick wurde dann oft dieses mitleidschwangere «Hach, jetzt hat der Ärmste das nicht verstanden! Da müssen wir das aber ganz schnell, ganz
laut und ganz deutlich noch mal wiederholen!» Und dann plärren sie dich mit lauter Stimme noch einmal an und wollen dir helfen. Und erreichen doch nur, dass ich mich peinlich berührt
aus einem Gespräch zurückziehe.

Nein, der Umgang mit schwerhörigen Menschen ist kein einfacher. Wer weiss das besser als wir selber. Schön, dass die meisten Menschen in meinem Umfeld unterdessen sehr entspannt mit
meiner Schwäche umgehen. Und wissen, dass ich auch mit perfekt eingestellten Hörgeräten noch lange nicht alles mitkriege. Ohne Aufhebens einen Satz wiederholen. Und auch nicht
irritiert sind, wenn ich auch noch ein drittes Mal nachfragen muss. 

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