Bericht zum Postulat 19.4380 erschienen. Handlungsbedarf erkannt.

Donnerstag, 27. Juni 24

Das Postulat 19.4380 beauftragt den Bundesrat zu prüfen, welche Anpassungen notwendig sind, damit die von der IV unterstützten Hilfsmittel dem technologischen Fortschritt entsprechen (wir haben berichtet). Da der Löwenanteil der Hilfsmittel-Gesuche, die bei der IV und AHV eingehen, Hörgeräte betrifft (konkret rund 50%*) ist das Postulat äusserst relevant für Menschen mit Schwerhörigkeit. Der Bericht zur Erfüllung des Vorstosses liegt jetzt vor.

Das Postulat 19.4380 wurde bereits im Jahr 2019 eingereicht. Die Beantwortung war, unter anderem aufgrund der Corona-Beschränkungen, lange hängig. Seit gestern liegt der Bericht des Bundesrates nun vor.

Erste Einschätzung

Dazu Heike Zimmermann, Co-Geschäftsleiterin von Pro Audito Schweiz: „Wir haben den Bericht erhalten und sind erfreut, dass darin festgehalten wird, dass im Bereich der Hilfsmittel im Hinblick auf die Teilhabe am technologischen Fortschritt Handlungsbedarf besteht. Welche Massnahmen vorgeschlagen werden und inwieweit sie zielführend sind, um das System der Hörgeräte-Vergütung seitens der Sozialversicherungen zu verbessern, werden wir in den nächsten Tagen genau prüfen.“

Fest steht: Technologische Neuerungen bergen grosses Potenzial, die Inklusion und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen – und dazu zählen Menschen mit einer Schwerhörigkeit – voranzutreiben.

Wir halten Sie an dieser Stelle über die weitere Entwicklung bezüglich des Postulats 19.4380 auf dem Laufenden.

Hintergrundwissen

Die Tatsache, dass laufend technische Innovationen auf den Markt kommen, führt immer wieder zu Konflikten zwischen den Versicherten und der Invalidenversicherung bzw. der Unfallversicherung. Einige Innovationen wären für die Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderung von grossem Nutzen. Gleichzeitig stellen aber die Preise vieler neuer Hilfsmittel eine grosse Herausforderung für die Versicherungen dar, zumal diese Preise auch nicht immer den effektiven Mehrwert für die Versicherten widerspiegeln. Die vom Nationalrat bereits im Jahr 2018 angenommenen Motionen Glättli 16.3880 und Golay 16.3881 nehmen das wichtige Anliegen des technischen Fortschritts auf. Sie versuchen das Problem aber mit dem Begriff von „optimalen“ Hilfsmitteln zu lösen; ein Begriff, der durch seine Mehrdeutigkeit und Unbestimmtheit das Problem nicht lösen kann.

Deshalb soll mit dem Postulat 19.4380 jetzt ein anderer Ansatz geprüft werden: Im Sinne eines möglichst selbstbestimmten Lebens soll den Versicherten der Zugang zum technologischen Fortschritt bei Hilfsmitteln möglichst umfassend gewährt werden. Um Überzahlungen zu vermeiden, soll aber ein System analog zu den Medikamenten geprüft werden, bei dem die Preise nach dem Mehrwert für die Versicherten festgesetzt werden. Das heisst: Die Mehrkosten für das einzelne Hilfsmittel müssen dem tatsächlichen Mehrwert für die versicherte Person entsprechen.

* Quelle: Register der IV-Sachleistungsbezüger (bezahlte Rechnungen), Hilfsmittel der IV / AHV, Stand: 21.4.2021.

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