Bald mehr Selbstbestimmung für Schriftdolmetschen im Beruf

Dienstag, 21. September 21

Mathias Kuert ist bei «Inclusion Handicap» zuständig für die politische Interessenvertretung.

Die Monatspauschale für Schriftdolmetschen im Beruf soll flexibler werden: Die Motion «Auszahlungsmodell für Dienstleistungen von Dritten» wurde vom Nationalrat gutgeheissen (wir haben berichtet).

Matthias Kuert von «Inclusion Handicap», dem Dachverband der Schweizer Behindertenorganisationen, bei dem auch Pro Audito Mitglied ist, erklärt in der neuesten Ausgabe dezibel ausführlich über die Hintergründe. Lesen Sie hier einen Auszug.

Herr Kuert,  worum geht es bei den «Dienstleistungen von Dritten»? Es gibt die so genannte Hilfsmittelverordnung. Dort ist festgelegt, welche Hilfsmittel für verschieden Behinderungen zur Verfügung stehen – Rollstühle, Hörgeräte usw. – und welche Zuschüsse Betroffene dafür von der IV erhalten. In einigen Fällen ist es sinnvoll, Hilfsmittel durch eine persönliche Dienstleistung zu ergänzen oder zu ersetzen, also z.B.  Vorlesedienst für Sehbehinderte oder eben Gebärdensprach- und Schriftdolmetschende für Gehörlose und Schwerhörige. Dafür steht den Betroffenen derzeit ein monatlicher Betrag zur Verfügung, den sie bei Bedarf nutzen können. Brauchen sie den Monatsbetrag nicht oder nicht den vollen Betrag, verfällt dieser.

Und wo liegt dabei das Problem? Das Prinzip «Monatsbudget» geht eigentlich nur auf, wenn man jeden Monat genau den gleichen Bedarf hat. Das ist aber heutzutage bei vielen Leuten nicht so: Es gibt Spitzen, wo man mehr arbeitet und entsprechend auch mehr Bedarf an unterstützenden Dienstleistungen. Und dann ist das Budget für den Monat schnell ausgeschöpft. Andererseits gibt es ruhigere Zeiten, z.B. in den Ferien, in denen das Budget ungenutzt verfällt.

Kommen wir zum Beschluss des Nationalrats. Was ist da genau passiert? Wir Behindertenverbände  haben die Idee eines Jahresbudgets für die oben erwähnten Dienstleitungen eingebracht. Sprich: Betroffene können z.B. im April, wenn sie gerade eine hohe Arbeitsbelastung haben, 2.500 CHF ausgeben und dafür im Juli vielleicht nur 1.000 CHF. Am Schluss ist es der gleiche Betrag, aber sie können viel besser auf den eigenen Bedarf eingehen. Drei PolitikerInnen aus verschiedenen Parteien haben das Anliegen im Parlament eingebracht .  Die Motion wurde eingereicht, dann muss der Bundesrat eine Stellungnahme dazu abgeben. Die Beurteilung des Bundesrates lautete «das stimmt, das ist sinnvoll». Dieser Einschätzung ist der Nationalrat gefolgt und hat die Motion gutgeheissen.

Lesen Sie im aktuellen dezibel, wie es jetzt weitergeht, und ab wann Betroffene mit der Jahrespauschale rechnen können.

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