Kann Bluetooth Auracast als Höranlage eingesetzt werden? 

Bluetooth Auracast kann als Übertragungstechnologie für Höranlagen eingesetzt werden, vorausgesetzt, bestimmte Anforderungen werden erfüllt. Derzeit wird hauptsächlich die induktive Übertragungstechnologie verwendet, aber Auracast hat das Potenzial, diese abzulösen. Höranlagen müssen derzeit die Nutzung mit der Telefonspule ermöglichen, sollten aber auch für die zukünftige Nutzung mit Auracast vorbereitet sein.

Dieser Beitrag listet wichtige Informationen auf, wie sich Höranlagenbetreiber, Fachleute, Installateure und Bauberater auf die Ko-Existenz dieser beiden Technologien vorbereiten können. Die Installation von Auracast als Höranlage bietet einen unerlässlichen Teil zur Inklusion von Menschen mit Schwerhörigkeit in öffentlichen Räumen. Pro Audito leistet damit eine Drehscheibenfunktion zwischen Betreibern und Nutzern der Anlagen.  

Ko-Existenz von induktiven Übertragungsweisen und Auracast 

Die Induktion, und somit auch die Telefonspule, ist die aktuelle Übertragungstechnologie für Höranlagen. Auracast ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die zukünftige Übertragungstechnologie. Höranlagen müssen daher die Nutzung mit der Telefonspule in den Hörgeräten und Implantaten ermöglichen und sollten für zukünftige Hörgeräte auch bereits die Nutzung mit Auracast ermöglichen. Dies kann auf zwei Arten erreicht werden: 

1) Vorzugsweise durch eine fest installierte induktive Höranlage und einen Auracast-Sender.

Vorteil: Besucher können unabhängig der verwendeten Hörgeräte und ohne zusätzliche Empfänger die Höranlage nutzen.

Nachteil: Höhere Kosten, da zwei Systeme installiert werden müssen. 

2) Durch Installationen eines Auracast-Senders und der Abgabe von Empfängern mit induktiver Halsschleife.

Vorteil: Geringere Installationskosten.

Nachteil: Umständliche Handhabung der Empfänger führt zu Mehraufwand bei der Schulung des Personals und Information der Besucher:innen; oft funktioniert es in der Praxis nicht ausreichend. 

Empfehlung zu Anzahl Empfängern mit induktiven Halsschleifen 

Bei Auracast-Höranlagen können Empfänger und induktive Halsschleifen ähnlich wie bei FM- oder IR-Höranlagen verwendet werden. In Zukunft könnten die induktiven Halsschleifen möglicherweise entfallen, wenn Auracast die Telefonspule ersetzt. 

Die vom Betreiber bereitgestellte Anzahl an Empfängern mit induktiven Halsschleifen richtet sich nach der Auslegung 15 zur SIA 500:2009 und lautet: 

«Bei Versammlungsräumen wie Auditorien, Säle, Mehrzweckräume, Kultusräume u. ä. sind als Richtwert mindestens 10 Empfangsgeräte mit Induktions-Halsschleife bereitzustellen. Bei Versammlungsräumen mit mehr als 100 Plätzen gilt 5 – 10 % als Richtwert, jedoch mindestens 10. Die Anzahl ist je nach Gebäudenutzung zu bestimmen. Wo mit einer hohen Anzahl von Personen mit Hörgeräten zu rechnen ist, ist dies entsprechend zu berücksichtigen.» 

Möglicherweise kann die Anzahl Empfänger für Auracast reduziert werden, sofern Hörgeräte zukünftig Auracast direkt empfangen können.  

Weiter sollten auch Kopfhörer zur Verfügung gestellt werden, damit auch Personen ohne Hörsystem oder mit Hörsystem ohne Telefonspule die Höranlage nutzen können. 

Magnetische Feldstärke der induktiven Halsschleife 

Bei der Inbetriebnahme von FM-, IR- und Auracast-Höranlagen ist Folgendes zu beachten: 

Alle bisher getesteten FM-, IR- und Auracast-Systeme können mit den induktiven Halsschleifen die erforderliche magnetische Feldstärke am Ohr der Benutzer nur erreichen, wenn das Audiosignal den Sender maximal aussteuert und die Lautstärke am Empfänger meist auf das Maximum eingestellt ist (gemessen mit einem 1 kHz Sinus). Damit dies bei Echtzeit-Signalen wie Sprache und Musik möglich ist, muss in den Signalweg vor dem Sender ein AGC (Auto Gain Control) eingefügt werden, das sicherstellt, dass das Signal den Sender immer maximal aussteuert (ca. 1–3 dB vor Clipping). Dies kann entweder durch einen Peak-Limiter mit kurzer Attack- (<1 ms) und langer Release-Zeit (ca. 3s) erreicht werden, oder durch eine Kombination aus langsam regulierender AGC und einem nachgeschalteten Limiter. 

Latenz von Auracast-Systemen 

Die Gesamtlatenz vom Mikrofon über das Audiosystem und die Auracast-Höranlage bis zum Kopfhörer oder der induktiven Halsschleife ist von entscheidender Bedeutung. Eine zu hohe Latenz kann erhebliche Verständigungsprobleme verursachen und die Höranlage für Menschen mit Schwerhörigkeit unbrauchbar machen. Auracast weist eine vergleichsweise hohe Latenz von etwa 30-40 ms auf, je nach Sender und Empfänger auch mehr. Zur Latenz des Auracast-Systems kommt die Latenz des Audiosystems hinzu, die je nach verwendeten Funkmikrofonen und Signalverteilung nochmals bis 20 ms oder mehr betragen kann. Eine geringe Latenz ist generell zu bevorzugen. 

Aktuell sind keine maximal tolerierbaren Latenzen festgelegt, entsprechende Normungskommissionen arbeiten an diesem Thema. 

Die Kennzeichnung der Höranlage mit Piktogrammen: das muss rein 

Räume mit Auracast-Höranlagen müssen mit dem bekannten Piktogramm für Höranlagen gekennzeichnet werden, jedoch ist noch kein spezifisches Piktogramm für Auracast festgelegt. Bitte informieren Sie sich vor der Installation bei Pro Audito Schweiz über das geeignete Piktogramm: hoeranlagen@pro-audito.ch. 

Damit der Auracast-Stream auch mit persönlichen Geräten genutzt werden kann, müssen an den Piktogrammen zusätzliche Informationen angebracht werden: 

  • Name des Streams 
  • PIN-Code (falls vorhanden) 
  • QR- Code (zukünftig, die Funktion ist noch nicht definiert.) 

Problematik des Handlings der Empfänger 

Bei FM- und IR-Höranlagen wird von den Benutzern häufig das Handling der Empfänger bemängelt. Oft ist unklar, wo die Empfänger ausgegeben werden, das Personal ist nicht ausreichend geschult, und die Empfänger sind entweder nicht geladen oder defekt. Das Handling verursacht zusätzlichen Aufwand im Betrieb und schafft eine Barriere, weshalb heute fest installierte induktive Höranlagen bevorzugt werden. Bei Auracast-Höranlagen besteht dieses Problem ebenfalls. Dennoch bietet Auracast einen wesentlichen Vorteil gegenüber FM und IR: Da herstellerunabhängig jeder Auracast-Empfänger verwendet werden kann, können Besucher ihren eigenen Empfänger mitbringen und somit das Handling vor Ort umgehen. 

Wichtig: Der Betreiber muss dennoch eine ausreichende Anzahl an Empfängern bereitstellen. (siehe oben) 

Über Abhörsicherheit und Sicherheit mit PIN- Codes 

Aktuelle induktive Höranlagen sind fast immer nicht abhörsicher. Um unberechtigt mitzuhören, benötigt man einen speziellen Induktionsempfänger, und die Empfangsqualität ausserhalb des Raums ist meist schlecht, aber dennoch verständlich. Da Höranlagen bei gut hörenden Personen wenig bekannt sind und spezielle Empfänger nötig sind, ist die Wahrscheinlichkeit des unberechtigten Mithörens gering. 

Bei Auracast hingegen ist zu erwarten, dass in einigen Jahren die meisten Menschen mit Smartphones und Kopfhörern in der Lage sein werden, einen Auracast-Stream zu empfangen, sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Raums. Die Wahrscheinlichkeit, dass hier Missbrauch betrieben wird, ist entsprechend grösser. Dies sollte bei der Beurteilung des Bedarfs an Diskretion bzw. Abhörsicherheit berücksichtigt werden. Es ist davon auszugehen, dass viele Auracast-Höranlagen mit einem PIN-Code geschützt werden müssen. Dabei gibt es jedoch noch offene Fragen, wie z. B. die Länge des PIN-Codes (vier Ziffern können leicht erraten werden), regelmässiges Ändern des PIN-Codes und das Handling desselben. Zudem 

Bis diese Fragen geklärt sind, könnte eine vorübergehende Lösung sein, Auracast-Höranlagen mit einem langen PIN-Code zu schützen und nur mit den Empfängern des Betreibers zugänglich zu machen. Wahrscheinlich muss die Konfiguration dieser Systeme später angepasst werden, um die Nutzung mit persönlichen Empfängern zu ermöglichen, sobald diese verbreitet sind. 

Installation und Positionierung von Auracast Sender 

Der Empfangsbereich von Auracast variiert stark, abhängig von der Sendeleistung, dem Raum, der Positionierung bzw. der Sichtlinie zwischen Sender und Empfänger sowie der Anzahl von Störsendern (z. B. Smartphones der Besucher, die im gleichen Frequenzbereich arbeiten, wie Bluetooth oder WLAN). Bisher gibt es nur wenige Erfahrungen aus der Praxis. Es wird geschätzt, dass sich die maximale Reichweite, die in Datenblättern für Sender mit 20 dBm/100 mW mit ca. 100 m angegeben wird, unter extremen Bedingungen auf 20–30 m reduzieren könnte. 

Da sowohl der Raum als auch die Störsender nur bedingt beeinflussbar sind, ist die Wahl und Positionierung des Senders wichtig. Mögliche gute Positionierungen des Senders wären hoch an einer Wand oder in der Raummitte an der Decke. Bei grossen Bereichen können mehrere Sender installiert werden. Die Empfehlungen der Hersteller sind zu beachten. 

Abnahmeberichte nach der Installation  

Das aktuelle Schweizer Recht fordert keinen Abnahmebericht zu Höranlagen, dennoch wird dies üblicherweise als Nachweis für den Bauherren und die Baubehörden gefordert und gilt somit grundsätzlich als erforderlich. Wir haben Vorlagen und Informationen für induktive, IR- und FM-Systeme erstellt und stellen diese auf Anfrage zur Verfügung. Für Auracast beabsichtigen wir ebenfalls Informationen und eine Vorlage eines kurzen Abnahmeberichts bereitzustellen. 

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