Testbericht: Auracast Höranlage im Theater
17. März 2025
Beat Graf, Höranlagen- und Auracast-Experte von Pro Audito testet zum ersten Mal eine Auracast-Höranlage in einem Theater. Lesen Sie hier den Erfahrungsbericht.
Die Test-Installation fand in der “Alten Reithalle” der Bühne Aarau statt. Getestet wurde das System “Auri” von “Listen Technologies”.
Das Ergebnis: Grundsätzlich positiv
Ein einzelner Sender im Dachgebälk schaffte es, den ca. 22 x 80m grossen Saal zu versorgen. Sprich: Der ungefähr in der Mitte des Raums montierte Sender konnte an allen Besucherplätzen empfangen werden. Ob der Empfang in allen Situationen – also auch wenn hunderte von Besucher:innen mit Smartphones im Saal sind – tatsächlich bis zum letzten Platz ausreicht, wird sich erst im Betrieb zeigen. Sollte das nicht der Fall sein, wäre aber das Nachrüsten eines zweiten Senders kein Problem.
Kein Ton ohne Mikrofone
Schwieriger gestaltete sich dagegen die Mikrofonierung: In der “Alten Reithalle” werden viele Veranstaltungen (Theaterstücke, Konzerte etc.) ohne Mikrofone durchgeführt. Bei Konzerten ist das kein grosses Problem, denn die Akustik der “Alten Reithalle” ist für Musik ausgelegt und die Besucher:innen können auf die Höranlage verzichten. Anders bei Sprache. Damit die Höranlage einen Nutzen bringt, muss die Sprache von einem Mikrofon aufgenommen werden, das nahe am Mund der sprechenden Person platziert ist. Es bräuchte also Kopfbügelmikrofone, Handmikrofone oder Ansteckmikrofone, die über ein Mischpult abgemischt werden. Die vermeintlich einfache Lösung, Richtmikrofone aus grösserer Distanz auf die Sprechenden zu richten, liefert meist – und auch in der “Alten Reithalle” – eine ungenügende Sprachverständlichkeit.
Latenz – die Zeit, bis das Audio in den Ohren ankommt
Die Übertragung vom Sender auf die Empfänger mit induktiver Halsschleifen dauerte je nach Konfiguration 36 bis 43 Millisekunden, was gerade so akzeptabel sein könnte. Die Übertragung auf die für den Test verwendeten Hörgeräte “GN Resound Nexia” dauerte mit 56 bis 58 Millisekunden jedoch bereits zu lange.
Zu dieser Latenz muss man nun die Latenz des Audiosystems bzw. die Laufzeit des Luftschalls von den Sprechenden auf das Richtmikrofon – also nochmals ca. 30 Millisekunden – hinzuaddieren. Somit liegt die Gesamtlatenz zwischen rund 65 bis 90 Millisekunden. Je nach Sitzplatz und individueller Hörversorgung ist diese Latenz problematisch. Beispielsweise wenn eine Person weit vorne sitzt und eine offene oder einseitige Hörversorgung hat. Generell gilt: Wenn jemand vorne sitzt und das Richtmikrofon der Höranlage weit hinten platziert ist, erreicht die Person ohne Höranlage oft eine bessere Hör-Qualität.
Fazit
Beat Graf fasst als Fazit zusammen: «Das Auracast-System hat gut funktioniert und ist sehr einfach nachzurüsten. Die Schwierigkeit in allen Theatern und bei allen elektroakustisch unverstärkten Veranstaltungen bleibt die Mikrofonierung. Diese entscheidet jedoch massgeblich über den Nutzen von Höranlagen, egal ob Induktion oder Auracast.»